"Ich bewundere dich für deinen Mut! Ich hätte schon längst das Weite gesucht..."
Dieser Satz blieb mir einige Tage, nachdem ich ihn gesagt bekommen hatte, im Gedächtnis hängen und lies mich nicht mehr los.
Eine Freundin von mir sagte das, während ich mit meinem Pferd auf dem Reitplatz beschäftigt war. Ich habe zwei Pferde und reite immer wieder mit verschiedenen Freunden. Allerdings hat Rico mittlerweile die Angewohnheit (schon seit fast 2 Jahren) nicht besonders gern jemanden aufsteigen zu lassen. Wenn ich mit ihm reite ist es eigentlich kein Problem, aber bei "Fremden" ist es ein Problem geworden. Wahrscheinlich hatte das eine Mädchen, das ihn eine zeit lang ritt, da ich einfach nicht mehr so oft durch den Umzug fürs Studium zu meinen Pferden kann, ihn einfach "versaut". Sie konnte wirklich nicht reiten und hat den ganzen Tag nur Fotos gemacht. Vermutlich saß sie einfach katastrophal falsch und tat ihm letztendlich damit auch weh. Denn dass das "hin und her" ihm etwas ausmacht denke ich nicht, Rico ist eigentlich ein sehr umgängliches Pferd.
Jedenfalls wollte ich meiner Freundin eine Reitstunde geben. Aber Rico wollte sie wieder nicht aufsetzen lassen und trat immer mit seinem linken Hinterbein nach ihr, sobald sie anstalten machte aufzusetzen.
Also stellte ich mich neben ihn, redete mit ihm und gab einfach nicht locker. Obwohl er am Anfang auch nach mir trat, legte es sich nach einigen Minuten wieder. Aber bis es so weit war, war er wild und bösartig.
Da sagte meine Freundin dann: "Ich bewundere dich für deinen Mut! Ich hätte schon längst das Weite gesucht."
Klar, nachdem ich oben saß war wieder alles super bei ihm und mir. Oh ja - bei mir. Natürlich bin auch ich in so einer Situation innerlich angespannt und nervös, aber ich zeige das natürlich nicht. Sonst würde sich das negativ auf mein Pferd ausschlagen.
Aber ist das wirklich Mut?
Ich kenne eben mein Pferd und kann gut mit ihnen umgehen. Ich kann gut reiten und kenne meine eigenen Fähigkeiten. Ich weiß, dass mich ein Tritt nicht so schnell umhaut und dass ich selbst beim Buckeln nicht runter falle und das Pferd letztendlich unter Kontrolle bekomme. Hat das noch etwas mit Mut zu tun? Ist das nicht vielmehr Sicherheit, Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten?
Für andere erscheint es oft so, als wäre ich "mutig". Mutig im Umgang mit Tieren, mutig so früh alleine auszuziehen, mutig auf einer Bühne stehen zu können, mutig sich für andere einzusetzen.
Aber ist das Mut?
Und wo ist eigentlich der Unterschied zwischen Mut und Tapferkeit?
Ist es nicht das was man als Mut bezeichnet, wenn man Menschen in Kriegsgebieten hilft? Wenn man in Gegenden Leistung zeigt, aus den Andere ausziehen / fliehen?
Ist Mut nicht eigentlich das, Ziele und Wortvorstellungen (versuchen) durchzusetzen, obwohl es sehr gefährlich ist?
Demnach denke ich nicht, dass ich "mutig" bin. Nur dickköpfig, selbstbewusst und selbstsicher. Wobei ich denke, dass dies die Grundlagen sind, um mutig sein zu können.
der "Duden" sagt dazu:
- Fähigkeit, in einer gefährlichen, riskanten Situation seine Angst zu überwinden; Furchtlosigkeit angesichts einer Situation, in der man Angst haben könnte[grundsätzliche] Bereitschaft, angesichts zu erwartender Nachteile etwas zu tun, was man für richtig hält
... damit wäre ich also mit meiner Auslegung Mut gar nicht so verkehrt.
Tapferkeit :
- unerschrockenes, mutiges Verhalten im Augenblick der Gefahr (Duden)
- Tapferkeit ist die Fähigkeit, in einer schwierigen, mit Nachteilen verbundenen Situation trotz Rückschlägen an seinem Erfolgswillen festzuhalten. Sie kennzeichnet sich als Leidensfähigkeit und Durchhaltevermögen und ist meist mit der Überzeugung verbunden, für übergeordnete Werte zu kämpfen.letzteres laut Wikipedia
Letztendlich ist es natürlich Ansichtssache. Und für meine Freundin war die Situation sicher gefährlich und sie hätte dort Angst überwinden müssen.
Aber Mut ist für mich etwas viel Größeres.
~
*Ayumi Haneoka*