Wahre Freiheit entdeckt der Mensch erst dann, wenn er das Interesse daran verliert, welchen Eindruck er erweckt.
Chinesisches Sprichwort

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Freitag, 14. Oktober 2011

Kurzgeschichte Waidmanns Heil


Waidmanns Heil


Der weiße Hirsch. Er wird hier vorbeikommen, das wusste ich. Wartend saß ich im dichten Gesträuche des Waldes. Von weit her hörte ich das laute Lachen anderer Jäger. Amateure.... So würden sie nie etwas erlegen. Ich war glücklich, angespannt mein Körper und jeder meiner Sinne bis auf das äußerste gereizt. Ich hörte Vögel singen, hörte keinen Hirsch. Es wurde der beste Jäger gesucht. Man würde Ruhm und Geld bekommen. Der König selbst hatte die Jagd auf den weißen Hirsch erlaubt.
Meine Hand umklammerte meinen Bogen, die Holzpfeile im Köcher wurden schwer wie  Blei. Wann kam endlich das edle Tier? Ich wusste, dass es hier vorbeikommen würde, denn ich hatte schon vor langer Zeit angefangen dieses Tier zu beobachten. Nun durfte ich es erlegen und das Ansehen eines großen Jägers erhalten. Mein Pferd stand auf einem Weg weit abseits von mir und wartete gehorsam auf meine Rückkehr.
Da hörte ich plötzlich etwas. Blätter raschelten sachte. Ein Luftzug? Nein, es war der Hirsch! Ich lugte aus meinem Versteck und spannte den Bogen. Der Pfeil lag waagerecht und locker zwischen meinen beiden Fingern.
Da stand der Hirsch. Er war ganz ruhig. Er sah mich an. Er rannte nicht fort, blieb einfach stehen. Er musste die Todesgefahr doch spüren?
Das blütenweiße Tier hatte pechschwarze Augen. Sie schauten mich unverwandt an. Meine Hand zitterte. Lange konnte ich den Pfeil nicht mehr halten. Die Sehne schien bald zu zerreisen. Obwohl der Hirsch fast 40 Schritte entfernt war, hätte ich trotzdem noch mit Leichtigkeit das Herz durchbohren können.
Er rührte sich nicht. Ich ebenfalls nicht. Er schien mich geradezu auffordern zu wollen ihn zu töten. Doch da begriff ich, dass ich ein so reines, unschuldiges Tier nicht töten konnte. Ich senkte den Bogen und sagte mehr zu mir, als zu dem geheimnisvollen Hirsch: „Dich töte ich nicht. Lauf fort und pass auf, dass dich die anderen Jäger nicht finden!“ Kurz darauf machte das große, elegante Tier kehrt und sprang in das dunkle Grün des Waldes und verschwand aus meinem Blickwinkel.
Vielleicht würde ich es bereuen, meinen bereits langgehegten Wunsch fallen gelassen zu haben.
Ich lief zu meinem Pferd und ritt nach Hause. Ich war kein Jäger. Aber ich wäre auch keiner geworden, hätte ich dieses Tier erlegt.
Es dämmerte schon, als noch jemand in unseren Hof ritt. Es war ein Bote des Königs. Aufgeregt schnaubte sein Ross und der Bote rief in die Dunklen Ecken unseres Gehöfts hinein: „Der Junge, welcher heute an der königlichen Auswahl des besten Jägers hier im Lande teilgenommen hat, soll vortreten!“ Er wiederholte seinen Satz und ich hörte die Hufen seines Pferdes hin und her trippeln. Mit Fragen im Kopf, machte ich die Tür auf und schritt auf ihn zu. „Sattle dein Pferd und reite an den Königshof! Du wirst ebenfalls zum Jägermahl  erwartet!“
Es dauerte nicht lange, da ritt ich auch schon schweigend los, voll mit Gedanken.
Ich wollte den toten Hirsch nicht sehen. Nicht, nachdem ich einen so intensiven Augenblick in seine Augen blicken konnte. Mein Pferd war leise und störte mich nicht bei meinen Überlegungen und so kamen wir rasch dem Königsschloss entgegen.
Im großem Speisesaal des Königs, befanden sich mehr als zwei Dutzend Jäger. In dem Raum herrschte lautes Stimmengewirr. Ich trat ein und aller Augen waren auf mich gerichtet. Mir wurde bange zu Mute.
Da erhob sich der König und sprach: „Gewiss, es gibt viele gute Jäger hier in unserem Lande. Doch ich wollte nur den Besten finden. Viele von euch haben mir heute bewiesen, dass sie aus den größten Entfernungen noch Fasane oder Kaninchen schießen können. Aber meine Wahl bleibt bei einem Jungen, der sich im Alter von 13 Jahren zur Jagt angemeldet hat. Er ist ebenfalls ein sehr guter Bogenschütze, doch er ist nicht einfach ein Jäger. Er ist ein weiser Jäger! Eigentlich tötet ihr, weil es euer Wohlhaben und die Ehre eines jeden Einzelnen von euch erweitert. Aber...“
Und der König sah mich mit einem male genau an. „Durch Mitleid oder Ehrfurcht einem Tier das Leben zu lassen und dies vor dem eigenen Nutzen vorzuziehen ist ein großer Aspekt der Weisheit und Güte.“
Er schaute kurz jeden der Jägerrunde an, dann lächelte zufrieden.
Die Männer hoben ihre mit Wein gefüllten Trinkbecher, standen auf und stießen auf mich an.


ayumi haneoka

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